Als wir nach Bettenrode aufgebrochen sind, waren wir überzeugt, dass wir gut abliefern würden. Leo war zwar immer noch nicht ganz der Alte, aber wir sind in dem Glauben losgefahren, dass wir alles getan hatten, damit es ihm gut geht, und dass wir unsere Trainingseinheiten optimal auf das Turnier abgestimmt hatten.

Begleitet wurde Leo von Valegra, die wir als vertraute Gesellschaft für ihn dabei hatten und damit sie lernt, mit den Bedingungen auf einem Turnier umzugehen. LKW zu fahren, findet sie ganz toll, das Ein- und Aussteigen klappt hervorragend. Aufregend fand sie allerdings die Boxen im Stallzelt. Solange Leo neben ihr stand, war es für sie okay, aber während seines Trainings und seiner Prüfungen hat sie anfangs ihre Box umgewühlt und viel gewiehert. Am zweiten Tag wurde es besser, und sie hat wohl gemerkt, dass sie nicht verlassen wurde.

Die Anlage der Familie Hess bietet eine schöne Turnieratmosphäre. Die Böden sind top, und alles war sehr gut organisiert. Es gab ein Corona-Konzept, auf dessen Einhaltung sehr geachtet wurde.

Da ich selbst gerade eine Nasen-Nebenhöhlenentzündung überstanden hatte, war ich froh, dass wir Donnerstags alles zeitig an Ort und Stelle hatten, damit ich früh schlafen gehen konnte.

Am Prüfungstag war das Wetter perfekt, und ich war guter Dinge. Wir trainierten ganz früh am Morgen mit Leo, um nachher in der Mittagssonne das Abreiten verkürzen zu können. Alles fühlte sich gut an.

Das änderte sich während der Prüfung leider dramatisch. Ich bekam selbst kaum Luft, und Leo ließ sich plötzlich von mir um alles bitten. Es wurde zwar eine ganz ordentliche Prüfung (auch wenn man das an den Punkten nicht erkennen kann), und wir haben keine gravierenden Fehler gemacht, aber es fehlte halt an Schwung und Elan.

Samstag hatten wir prüfungsfrei, und ich hatte vor, auf den Grand Prix am Sonntag hinzuarbeiten. Schon beim Putzen war Leo sehr empfindlich am Bauch, und auch sonst war er sehr ruhig. Seine Augen blickten alles andere als fröhlich, und wir machten uns Gedanken …

Wir beschlossen zu schauen, wie es beim Training klappt, und dann zu entscheiden, ob wir Sonntag nochmal starten oder nicht. Wir pflegten ihn und sind spazieren gegangen, und er hat fleißig gefressen. Leo ist meistens schwierig und wählerisch beim Fressen. Während sich die anderen auf ihr Futter stürzen, überlegt er meistens noch eine Weile – an diesem Tag aber gar nicht.

Unser LKW parkte direkt am Hauptplatz, ein echter VIP-Parkplatz. Wir konnten alle Prüfungen vom Wohnzimmer aus verfolgen, und so verbrachten wir gemeinsam mit Freunden die Abende unter freiem Himmel am LKW, kochten ein paar Kleinigkeiten, und es war auch mit Abstand schön gesellig.

Sonntag Morgen um halb sieben bin ich in den Stall gegangen, um Leo und Valegra zu füttern. Leo schlief noch, als ich kam. Ich bereitete meine Sachen vor, putzte meine Stiefel und ging frühstücken. Mama hat Leo eingeflochten, und er sah glänzend aus … aber trotzdem war irgendetwas anders an seinem Verhalten.

Hätte er da die Ohren hängen gelassen, wäre ich nicht geritten. Aber Leo gibt ja nicht auf. Also los zum Abreiten … da fand ich ich ungewöhnlich triebig und dadurch schwer zu sitzen. Ich hatte das Gefühl, dass er kaum atmet, und ich bekam selber kaum Luft. So ritten wir einen Grand Prix, der zwar ohne Fehler war, aber sehr sparsam und schwerfällig …

Mir war zum Weinen zumute! Hatte ich doch einen Fehler gemacht, mit ihm hierher zu fahren? Hätte ich nicht zu Hause schon merken müssen, dass es ihm nicht gut ging?

Ich machte mir große Vorwürfe – hatte ich etwas übersehen?

Wir beschlossen, schnell den Heimweg anzutreten und mit unseren Ärzten herauszufinden, was die Ursache sein könnte. Montags brachten wir Leo in die Klinik und entschieden uns dann nach eingehender Überlegung, eine Gastroskopie durchführen zu lassen.

Was soll ich sagen … was ist Leo doch für ein Verlasspferd! Nie hätte er mich hängen lassen, dabei ging es ihm so schlecht: Es stellte sich heraus, dass er mehrere entzündete Magengeschwüre hatte. Ich habe sehr geweint, weil ich ihm Unrecht getan und gedacht hatte, er strengt sich einfach nicht an 🙁

Nach zwei Tagen Klinik habe ich ihn nach Hause geholt, und er bekommt jetzt erst einmal die Behandlung, die er braucht. Es wird dauern, bis wir wieder auf‘s Parkett können. Ich werde bestimmt nichts forcieren; er soll erst in Ruhe fit werden!

Unterdessen konzentriere ich mich auf meine Nachwuchspferde und auf Spezi und begleite meine Schülerinnen, die sehr erfolgreich unterwegs sind.

Und dann muss ich sagen … ich bin nach meiner Corona-Quarantäne auch selber nach wie vor nicht richtig fit. Meine Luftnot in den Prüfungen kam nicht von ungefähr. Mir wird auch jetzt noch immer wieder völlig unangekündigt die Luft knapp, und ich spüre ein brennendes Gefühl in der Lunge. Zwar baue ich mein Fitnessprogramm langsam wieder auf, aber ich mache nichts ohne professionelle Begleitung.

Deshalb mein Appell an Euch alle, egal, wie jung oder alt Ihr seid: Passt auf Euch auf, und lasst Euch nichts von „Corona-Leugnern“ erzählen. Dieses Virus ist gefährlich, und es kann Euer Leben ruinieren!

In diesem Sinne – genießt die Sonne und Eure Pferde, und bleibt gesund!

Eure Jessi

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