Irgendwann kommt der Punkt, da muss sich das monatelange Training einfach mal auszahlen! Und wie die Kölner Höhner sagen: “Und dä Punkt, dä is jenau jetz.”

Es ist schon eine Weile her, dass ich etwas berichtet habe. Ich hatte nicht die Zeit dazu, zumal es ja nicht wirklich viel zu berichten gab, außer, dass unser vorletztes Turnier am Chiemsee so wunderschön war.

Traumwetter – Traumkulisse – Zeit für Ausflüge, zB sind wir nach Salzburg gefahren, aber auch auf der Anlage war es richtig gemütlich. Ich hatte nur Spezi dabei, und er war bis auf den letzten Tag, als es während meiner Prüfung aus Eimern gegossen hat, ganz gut dabei. Man merkt, dass er über die Saison hinweg immer wieder dazu gelernt hat und dass unsere Schwächen so langsam verschwinden. Man nimmt von jedem Turnier positive wie negative Dinge mit, und das spornt dann wieder an.

Inzwischen wächst auch Leo mit seinen Aufgaben, und wir üben auch mit ihm schon Pi und Pa, was er anscheinend richtig gern macht.

Nach Ankum sind wir dann mittwochs mit dem ”Dreigestirn“ los: Leo – Spezi – Rever plus Equipment … voll bis zum Dach. Anfänglich kamen wir wunderbar voran, doch die Fahrt schaffte uns. Wir fuhren von Stau zu Stau, quasi Stop and Go bis Ankum. Nach über 5 1/2 Stunden Fahrt sind wir dann im Dunkeln und im Regen angekommen. Sascha Schwiebert, in Ankum organisatorisch unterwegs, half uns sofort beim Einstallen und Ausladen, das war perfekt! Wir richteten alles her, und als die Pferdchen sich wie zuhause fühlten, krochen wir ganz schnell selbst unter die Wolle.

Für Donnerstag hatte ich zwei Prüfungen genannt. Test of Choice mit Rever und den St. Georg mit Leo. Ich war mit beiden ganz zufrieden. Für Revers Side war es das erste Mal seit über 15 Monaten. Sie war richtig glücklich und sogar ein wenig aufgeregt, noch nicht ganz die Alte, aber wir arbeiten dran. So konnte ich auf jeden Fall Samstag und Sonntag die Junge-Reiter-Aufgaben reiten.

Sergio Leone war seit Juli nicht mehr vor der Tür. Da ich den Focus auf Spezi gelegt hatte, musste er das eine oder andere Mal zu Hause bleiben. Leo ging seine Prüfung komplett fehlerfrei mit wirklich schönen Elementen, doch zwischendurch machte er sich etwas eng im Genick, weil er sich schon mal so ein bisschen verkriecht, wenn er seine Umgebung noch nicht so kennt. Das legt sich dann meistens am nächsten Tag.

Der Abend wurde sehr gesellig im Restaurant. Wir plauderten in großer Runde mit alten Bekannten, und es wurde viel gelacht und gut gegessen. Ankum war perfekt!

Freitag war Trainingstag. Ziemlich angeschlagen von seiner Erkältung trainierte am frühen Morgen mit mir zwei Pferde, damit er zeitig zurückfahren konnte, um zu Hause selbst noch zu reiten. Rever bewegten wir dann um die Mitagszeit zwischen den Prüfungen, damit sie nochmal in die

Halle konnte. Nachmittags hatte ich die glorreiche Idee, in die Sauna zu gehen. Das bietet sich an in Ankum, da das Hotel angeschlossen ist an die Reithalle und die Stallungen. Alles unter einem Dach quasi. Man kommt dort kaum an die frische Luft, nur, um mit den Pferden eine Runde zu spazieren.

Der LKW-Parkplatz ist auch direkt vor der Tür, so kann man morgens in aller Herrgottsfrühe im Schlafanzug und in Pantoffeln die Pferde Füttern 🙂

Ina war mittlerweile angekommen, um uns zu unterstützen. Sie macht immer noch gerne Turnierbegleitung. Wir kennen uns seit 2013, und wenn es irgendwie geht, kommt sie mit.

Samstags morgens war es dann so weit für Spezi. Bildhübsch sah er aus so frisch geschoren, er glänzte wie eine Speckschwarte! Da es in Ankum in der Halle so warm ist, gab es einen Tag vor unserer Abreise noch einen Scher-Marathon. Ich glaube, Alex hat so gefühlte 10 Pferde geschoren.

Wir machten Spezi zurecht, und ich saß pünktlich im Sattel, um für die Prüfung abzureiten. Dann der Schreck: Borja nicht da! Er stand dermaßen im Stau … Mir blieb nichts anderes übrig als die Nerven zu bewahren und loszulegen. Zum Glück schaffte er es noch, mich die letzten 10 Minuten zu begleiten. Ich war beruhigt, jetzt konnte es losgehen!

Spezi machte seinen Job sehr gut, und ich war überglücklich, dass er die Einerwechsel perfekt gemacht hat. Das war unser Ziel für dieses Wochenende, denn daran war bisher immer wieder alles gescheitert. Punktemäßig hatte ich etwas mehr erwartet, doch immerhin schafften wir es auf den vierten Platz, und damit war ich dicke zufrieden, zumal es ein starkes und großes Starterfeld war.

Ina führte Leo Schritt, und ich wollte mit Rever ein wenig trainieren vor dem Mittagessen. Als ich ihr die Hufe auskratzen wollte, sah ich das sie sich verletzt hatte und ihr Bein angeschwollen war. Ausgerechnet jetzt, wo es ihr erstes Turnier seit langem werden sollte. Wie sie es gemacht hat, konnte ich mir nicht erklären, gehe aber davon aus sie sich beim Wälzen verletzt hat. Beim Besuch vom Tierarzt wurde dann zum Glück nur ein Einschuss festgestellt. So wurde es für Rever ein Wanderwochenende, und wir erklärten sie kurzerhand zum Maskottchen für Spezi und Leo 🙂

Abends um 8 bin ich mit Leo Test of Choice geritten, und der Kommentar des Chefrichters war so schön! Leo war ganz eifrig bei der Sache. Die Anlehnung war schöner als am Vortag. Er fühlte sich sichtlich wohl in der Halle; wir ritten sehr schöne Wechsel – sein Galopp ist viel besser geworden, und auch unsere Schritt-Tour war sehr gut. Der Richter fand ihn eine Wucht und meinte, er hat viel Potenzial. Was will man mehr?

Auch daran, muss ich sagen, haben wir hart gearbeitet, weil Leo ist ein Riese mit seinen 1.82m und seinen langen Beinen. Das Sortieren hat etwas gedauert, so wie aus 2 mach 1. Er ist vom Charakter her einer, der alles machen möchte, du zeigst ihm, was, und er sagt OK. Im Umgang so lieb und unkompliziert. Das einzige, was er nicht so mag, ist angebunden sein. Deshalb lass ich ihn oft einfach lose stehen oder mache ihn in seiner Box fertig. Auch beim Einflechten braucht man ihn nicht fest machen. Er liebt dieses Gefriemel am Körper und bleibt einfach wie angewurzelt stehen und döst dabei vor sich hin. Schauen wir mal, wie es weitergeht.

Ich war total platt! Eigentlich wollte ich sofort ins Bett, doch im Nachhinein bin ich froh, dass wir noch essen waren, denn es war richtig schön, so wie in alten Zeiten mal wieder mit Familie Rühl

am Tisch zu sitzen und einen gemütlichen Abend zu verbringen.

Für Sonntag hatte ich zwei Prüfungen genannt. Morgens so gegen 10:20 Uhr war ich mit Spezi für den Grand Prix zugelassen. Ich war so aufgeregt, geritten bin ich diese Aufgabe ja noch nie. Es waren sechs Starter im Finale, ich konnte also nur Sechster werden 🙂

Borja war sehr zuversichtlich, Spezi vom ersten Antritt an bei der Sache, und ich dachte “lass kommen“. Mental war ich gut vorbereitet, habe mir meine Aufgabe richtig eingeteilt. Es lief wie am Schnürchen, die Lektionen kommen Schlag auf Schlag. Wir waren beide sehr konzentriert, und ich hatte so eine Freude in mir, während Spezi mich durch die Prüfung trug. Erleichtert, dass es gut geklappt hatte, bin ich aus der Halle raus. Eine Richterin zeigte mir den Daumen hoch und sagte, sie hätte unsere Prüfung genossen. Ich konnte es nicht fassen, was wir da gerade gemacht hatten. Hätte mir damals vor sieben Jahren jemand gesagt, als Spezi (5jährig) und ich (13) uns gefunden haben: “Du reitest mit diesem Pferd mal Grand Prix” … ich hätte nur die Augen verdreht.

Als dann die Punkte kamen, kullerten ein paar Tranchen. Jetzt noch ein wenig abwarten. Da ich als dritte Starterin an der Reihe war, dauerte es noch ein wenig, bis ich das endgültige Ergebnis lesen konnte.

Die harte Arbeit hatte sich gelohnt. Blut, Schweiß und Tränen … naja, Blut nicht, aber lassen wir das mal so stehen. Jetzt ist eine neue Basis da, die Perspektive, dass es geht. Es wird bestimmt noch

öfters schief gehen, aber wir können es jetzt, und damit kann man arbeiten.

Ich war völlig von der Rolle, habe erst später gemerkt, das ich vollkommen durchgeschwitzt war. Nach der Siegerehrung bin ich sofort mit Leo los. Auch er war richtig frisch und auf dem Punkt, doch jetzt wird’s peinlich: Hatte ich doch glatt die ganze Prüfung vergessen, OMG! Ich wusste gar nichts mehr – Black Out!

“Jessi“, meinte der Richter, “das ist wirklich schön, was du da reitest, aber das ist nicht die Aufgabe.” Erst als ich wieder draußen war, fiel mir die Einzelaufgabe Junge Reiter wieder ein, die ich doch zig-mal geritten bin. Wie oft habe ich die Auswendig geträumt!

Wir haben alle herzhaft gelacht, denn uns konnte am Sonntag nichts mehr anhaben 🙂

Bis bald

Alle Liebe, Eure Jessi

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